Interview

Katrin Lena Heles

Künstlerin / Mezzo-Sopranistin der Saison 19/20 im MKH
Eine im Kern sehr moderne Geschichte

 
Katrin Lena Heles 071.10x15©Ludwig Olah
© Ludwig Olah

01.07.2019 - 01.07.2020

 

Eine Hauptrolle zu verkörpern bedeutet, dass man sich auch abseits vom Geschehen auf der Bühne tief ins Werk einarbeiten muss. Wie bereiten Sie sich auf die Rolle der Dido in Henry Purcells Oper vor?

Ich beschäftige mich viel mit den Texten, die uns über die Legenden rund um Dido vorliegen – das ist vor allem natürlich Virgils Aeneis – denn die Oper gibt uns ja nur einen verhältnismäßig kleinen Ausschnitt aus Didos Leben. Darauf folgt dann natürlich eine intensive Auseinandersetzung mit dem Notentext, den Purcell auf so wunderbare Art und Weise gestaltet hat.

Dido ist zwischen der Liebe zu Ihrem verstorbenen Mann und der neu entflammten Liebe für Aeneas entzweigerissen. Wie übertragen Sie diesen emotionalen Zwiespalt auf die Bühne?

Ich denke, dass wir alle im Leben schon einmal vor schwierigen Entscheidungen standen, wenn vielleicht auch nicht ganz so extrem wie im Falle von Dido. Bei ihr kommt ja noch dazu, dass sie kurz vor Aeneas Auftauchen den Heiratsantrag des Königs ihres mächtigen Nachbarlandes abgelehnt hat. Ihre mögliche Bindung mit Aeneas bringt also auch eine nicht zu unterschätzende politische Gefahr mit sich. Ihr Zwiespalt wird damit auch zu einer Frage von Herz oder Kopf, und eine solche Entscheidung mussten, glaube ich, die meisten von uns schon einmal treffen. Dieses Gefühl, welches wir alle kennen, ist für mich der Ausgangspunkt. Im Laufe des Probenprozesses gilt es dann, diese Emotion auf die Figur zu übertragen und zu formen, so dass ein authentisches Bild dieser leidenden Frau entstehen kann.

Dido und Aeneas wurde vor über 300 Jahren komponiert und ist heute immer noch sehr beliebt. Worin besteht für Sie die Faszination, die von dieser Oper ausgeht?

Einerseits sind Dido und ihr Weg – sich für die Liebe zu öffnen und dann aber verlassen zu werden – natürlich etwas, zu dem man auch heute noch Bezug nehmen kann. Abseits von Götter-Erscheinungen und dem trojanischen Krieg ist diese Geschichte in ihrem Kern damit nach wie vor sehr modern. Hinzu kommt dann natürlich noch die herrliche Musik von Purcell, die in ihrer Schlichtheit – ich würde mich hüten, es Einfachheit zu nennen – eine unglaublich berührende Ehrlichkeit in sich birgt. Diese Struktur bietet den Musizierenden zusätzlich noch sehr viele Freiheiten im Ausdruck und ist somit einer von vielen Gründen, warum ich die Barockmusik so sehr liebe.

Das Interview führte Luc Boentges.

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